Urteilsverkündung
Im Strafverfahren wird im Gegensatz zum Zivilverfahren das Urteil sofort am Ende der Verhandlung gefällt und mündlich verkündet. Es dürfen dabei nur Beweise verwertet werden, die in der Hauptverhandlung aufgenommen wurden (Grundsatz der Unmittelbarkeit). Bei Schöffen- und Geschworenenverfahren oder wenn ein Rechtsmittel angemeldet wurde, muss das Urteil im Anschluss daran immer schriftlich ausgefertigt werden.
Der Angeklagte darf nur dann schuldig gesprochen werden, wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass er eine gerichtlich strafbare Handlung begangen hat. Die Tat muss zur Zeit der Begehung vom Gesetz unter Strafe gestellt gewesen sein. Bestehen Zweifel, so hat das Gericht den Angeklagten freizusprechen ("in dubio pro reo" – "Im Zweifel für den Angeklagten").
Im Fall eines Schuldspruchs enthält ein Urteil folgende Elemente:
- die Straftat, welcher der Angeklagte für schuldig befunden wurde,
- die Begründung, weshalb das Gericht aufgrund welcher Beweiswürdigung zum Schuldspruch gekommen ist,
- die Tatumstände, die für den Strafsatz ausschlaggebend waren,
- die strafbare Handlung, die dadurch begangen wurde (z.B. Einbruchsdiebstahl),
- die Strafe, zu welcher der Angeklagte verurteilt wurde,
- die einschlägigen strafgesetzlichen Bestimmungen und
- die Entscheidung über eventuell geltend gemachte privatrechtliche Entschädigungsansprüche und über die Prozesskosten.
Nach Verkündung des Urteils hat der Angeklagte drei Möglichkeiten:
- Er kann sofort erklären, das Urteil anzunehmen und auf ein Rechtsmittel zu verzichten. Ein Rechtsmittelverzicht kann nicht widerrufen werden.
- Er kann sofort erklären, dass er ein Rechtsmittel anmeldet
- Er kann keine Erklärung abgeben, wodurch der drei Tage Bedenkzeit hat. Wenn er spätestens am dritten Tag ein Rechtsmittel anmeldet, dann ist das rechtzeitig, tut er das nicht, wird das Urteil rechtskräftig
Der Staatsanwalt und der Privatbeteiligte haben dieselben drei Möglichkeiten.
Hinweis
Da diese Situation für den Angeklagten schwierig und mit weitreichenden Konsequenzen verbunden ist, fordert ihn das Gericht immer auf, sich vor Abgabe einer Erklärung mit seinem Verteidiger zu beraten.
In jenen Verfahren, in denen der Angeklagte nicht durch einen Verteidiger vertreten ist, ist die Abgabe eines sofortigen Rechtsmittelverzichtes noch nicht endgültig. Binnen drei Tagen kann sich der Angeklagte mit einem Verteidiger beraten und der Verteidiger kann ein Rechtsmittel anmelden. Verstreicht diese Frist, wird ein Rechtsmittelverzicht gültig.
Bei angeklagten Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren ist der gesetzliche Vertreter berechtigt, für den Jugendlichen, auch gegen dessen Willen alle Rechtsmittel zu ergreifen, die das Gesetz dem Jugendlichen gewährt. Ist dem Gericht bekannt, dass die Pflege und Erziehung des Jugendlichen jemand anderem als dem gesetzlichen Vertreter zukommt, steht das Recht auch dieser Person zu.
Weiterführende Links
Bundesministerium für Justiz (→ BMJ)
Rechtsgrundlagen
- Strafprozessordnung (StPO)
- Jugendgerichtsgesetz (JGG)
Bei allen personenbezogenen Bezeichnungen gilt die gewählte Form für beide Geschlechter und entspricht damit in diesem Text exakt der gesetzlichen Terminologie der Strafprozessordnung (§ 515 Abs. 2 StPO).
Für den Inhalt verantwortlich: oesterreich.gv.at-Redaktion
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